Information zur Gläubigerbeteiligung
im Fall der Abwicklung einer Bank
(„BAIL-IN“)
Als Folge der Finanzkrise und um europaweit weitgehend einheitliche Regeln und Instrumente für die Sanierung und Abwicklung von Banken zu schaffen, wurde eine entsprechende EU-Richtlinie (Bank Recovery and Resolution Directive, Richtlinie zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, âBRRDâ) erlassen.
Diese Bestimmungen umfassen drei Eckpunkte:
- Vorbeugung
- frühzeitiges Eingreifen durch die Aufsichtsbehörden (Frühintervention)
- Abwicklung von Banken
MaÃnahmen im Bereich der Vorbeugung und dem frühzeitigen Eingreifen werden durch die Aufsichtsbehörden gesetzt. Kann dadurch ein Marktaustritt des betroffenen Institutes nicht verhindert werden übernimmt die Abwicklungsbehörde die weitere Vorgehensweise.
Als Folge der Finanzkrise und um europaweit weitgehend einheitliche Regeln und Instrumente für die Sanierung und Abwicklung von Banken zu schaffen, wurde eine entsprechende EU-Richtlinie (Bank Recovery and Resolution Directive, Richtlinie zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, „BRRD“) erlassen.
Diese Bestimmungen umfassen drei Eckpunkte:
- Vorbeugung
- frühzeitiges Eingreifen durch die Aufsichtsbehörden (Frühintervention)
- Abwicklung von Banken
Maßnahmen im Bereich der Vorbeugung und dem frühzeitigen Eingreifen werden durch die Aufsichtsbehörden gesetzt. Kann dadurch ein Marktaustritt des betroffenen Institutes nicht verhindert werden übernimmt die Abwicklungsbehörde die weitere Vorgehensweise.
Wo ist das geregelt?
Die EU-Richtlinie wurde in Österreich im Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von Banken („BaSAG“) umgesetzt. Daneben gilt die Verordnung zum Einheitlichen Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism, SRM-VO).
Wer ist die Abwicklungsbehörde?
In Österreich ist (für systemrelevante Banken der Eurozone) der Ausschuss für die Einheitliche Abwicklung (Single Resolution Board, SRB) und (für alle anderen Institute) die Österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) die zuständige Abwicklungsbehörde.
Wann wird eine Bank abgewickelt und wann kommt es zu einem Insolvenzverfahren?
Greifen die ersten beiden Maßnahmenbündel – Vorbeugung und frühzeitiges Eingreifen – im Fall eines drohenden Ausfalls einer Bank nicht, kann es zu einer Abwicklung anstelle eines regulären Insolvenzverfahrens kommen, insbesondere wenn folgende Bedingungen vorliegen:
- Die Voraussetzungen für eine Konzessionsrücknahme liegen (in naher Zukunft) vor.
- Die Vermögenswerte der Bank sind (in naher Zukunft) geringer als die Höhe der Verbindlichkeiten.
- Die Bank kann (in naher Zukunft) ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit nicht begleichen.
- Eine außerordentliche finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln wird von der Bank benötigt, aber nicht gewährt, da sie nicht im öffentlichen Interesse liegt.
Sind diese Voraussetzungen für eine Abwicklung nicht erfüllt, so hat der Marktaustritt im Wege des herkömmlichen Insolvenzverfahrens zu erfolgen.
Werde ich bei der Bankenabwicklung schlechter gestellt als beim Insolvenzverfahren?
Nein. Kein Anteilseigner oder Gläubiger darf durch die Abwicklung eines Kreditinstituts einen höheren Verlust erleiden, als ihm durch eine Liquidation im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens entstanden wären („No Creditor Worse Off“-Grundsatz des BRRD).
Sollten den Anteilseignern und Gläubigern bei der Anwendung von Abwicklungsmaßnahmen dennoch größere Verluste entstanden sein, so haben sie jedenfalls ein Recht auf Entschädigung aus dem Einheitlichen Abwicklungsfonds (Single Resolution Fund, SRF, ist in Eigentum und unter Verwaltung des SRB und wird seit 2016 durch Beiträge der Banken finanziert). Diese Ausgleichszahlungen können jedoch zu einem deutlich späteren Zeitpunkt erfolgen.
Wie wird eine Bankenabwicklung durchgeführt?
Den Abwicklungsbehörden stehen bestimmte Abwicklungsinstrumente zur Verfügung. Kernstück ist das „Bail-in“-Instrument, mit dem gewährleistet werden soll, dass zunächst die Eigentümer (z. B. Aktionäre) und die unbesicherten Gläubiger der Bank für Verluste und Kosten der Stabilisierung der abzuwickelnden Bank aufkommen müssen und nicht der Staat bzw. die Steuerzahler.
Daneben werden den Abwicklungsbehörden folgende Instrumente bzw. Befugnisse eingeräumt:
- Recht auf Unternehmensveräußerung
- Recht, Vermögenswerte auf ein Brückeninstitut (mit Bankkonzession) zu übertragen
- Recht zur Übertragung von Vermögenswerten auf eine Zweckgesellschaft (Bad Bank)
In diesen Fällen kommt es für Kunden bzw. Anteilseigner oder Gläubiger zu einem Wechsel des Vertragspartners oder Schuldners.
Möglich ist auch eine Kombination verschiedener Abwicklungsinstrumente bzw. -befugnisse.
Wann und wie bin ich als Bankkunde vom „Bail-in“ betroffen?
Ob und wie Sie von dieser Abwicklungsmaßnahme betroffen sind, hängt zunächst vom Ausmaß der Verluste der ausfallenden Bank, von den allenfalls zusätzlich angewendeten Abwicklungsinstrumenten und nicht zuletzt davon ab, in welcher Gläubigergruppe Sie einzuordnen sind.
Mittels behördlicher Anordnung können die Abwicklungsbehörden die Bedingungen der von der Bank herausgegebenen Finanzinstrumente sowie der gegen sie bestehenden Forderungen anpassen.
Dies kann z.B. bedeuten, dass bestehende Anteile der Aktionäre der Bank entweder prozentuell reduziert oder gänzlich abgeschrieben werden. Es besteht auch die Möglichkeit, dass Schuldtitel z.B. in Stammaktien oder andere Eigentumsrechte an der Bank umgewandelt werden.
Das „Bail-in“ unterscheidet zudem verschiedene Gläubigergruppen. Während manche Gläubiger vollständig vom „Bail-in“ ausgeschlossen sind, werden andere nach einer genau definierten Reihenfolge herangezogen. Die Verlustübernahme erfolgt stufenweise, d. h. die Gläubiger der nächsten Stufe werden in der Regel erst dann herangezogen, wenn die Ansprüche der vorangegangenen Gläubigerstufe nicht ausreichen, um die Verluste zu decken (Haftungskaskade).
Reihenfolge der Verlustzuweisung / Haftungskaskade
Verluste werden zuerst von den Anteilseignern des in Abwicklung befindlichen Instituts getragen:
1. Stufe: Hartes Kernkapital
Die Aktionäre und somit Anteilsinhaber der betroffenen Bank tragen das höchste Verlustrisiko (ebenso: Inhaber von anderen Eigenkapitalinstrumenten wie Anteile an einer GmbH, KG oder Genossenschaft).
Nach den Anteilseignern tragen die Gläubiger des in Abwicklung befindlichen Instituts die Verluste grundsätzlich in der Rangfolge der Forderungen im regulären Insolvenzverfahren:
2. Stufe: Nachrangige Verbindlichkeiten – zusätzliches Kernkapital
Betrifft jene Anleger, die in Instrumente des zusätzlichen Kernkapitals (z. B. Additional-Tier1-Emissionen, unbesicherte unbefristete nachrangige Schuldverschreibungen mit Umwandlungs- bzw. Herabschreibungsklausel) investiert haben.
3. Stufe: Nachrangige Verbindlichkeiten – Ergänzungskapital
Betrifft jene Anleger, die in Instrumente des Ergänzungskapitals (z. B. Inhaber nachrangiger Darlehen „Tier 2“, stille Einlagen, Genussrechte) investiert haben.
4. Stufe: Unbesicherte nachrangige Bankverbindlichkeiten
Betrifft unbesicherte nachrangige Finanzinstrumente und Forderungen (z.B. Darlehen, Schuldverschreibungen, Genussrechte), die nicht die Anforderungen an AT1- oder T2-Instrumente erfüllen.
5. Stufe: Unbesicherte nicht-nachrangige und nicht-strukturierte Schuldtitel – Non Preferred-Senior-Anleihen
Diese unbesicherten nicht-nachrangigen und nicht-strukturierten Schuldtitel müssen eine ursprüngliche Mindestlaufzeit von einem Jahr haben und in den Vertragsunterlagen (Prospekt) muss ausdrücklich auf den niedrigeren Rang gegenüber der nachfolgenden Klasse hingewiesen werden.
6. Stufe: Sonstige unbesicherte nicht-nachrangige Bankverbindlichkeiten
Zur Abdeckung der restlichen Verluste werden die Gläubiger von sonstigen unbesicherten und nicht-nachrangigen Finanzinstrumente und Forderungen (z. B. Anleger von Inhaberschuldverschreibungen, strukturierten Anleihen, Derivaten sowie nicht gedeckten Einlagen über EUR 100.000,– von Großunternehmen) herangezogen.
7. Stufe: Nicht gedeckte Einlagen
Nicht gedeckte Einlagen über EUR 100.000,– von Privatpersonen sowie von kleinen und mittleren Unternehmen haben eine privilegierte Stellung und sind – wenn überhaupt – erst ganz zum Schluss vom „Bail-in“ betroffen.
Ob ein bestimmtes Finanzinstrument dem „Bail-in“ unterliegt, entnehmen Sie auch dem jeweiligen Kundeninformationsdokument (KID) sowie dem Kapitalmarktprospekt (KMG-Prospekt).
Welche Forderungen von Bankkunden sind vom „Bail-in“ ausgenommen?
Ausgenommen vom „Bail-in“ sind insbesondere durch Einlagensicherungssysteme geschützte Einlagen (bis EUR 100.000) und besicherte Verbindlichkeiten (z.B. Veranlagungen in Pfandbriefen oder gedeckte Schuldverschreibungen). Ebenfalls ausgenommen sind Verbindlichkeiten aus der Verwaltung von Kundengeldern und Kundenvermögen sowie aus Treuhandverhältnissen (z.B. die Verwahrung von Investmentfonds auf Wertpapierdepots). So bleiben im Fall der Abwicklung einer depotführenden Bank Ihre Eigentumsrechte an Finanzinstrumenten, die nicht von dieser depotführenden Bank emittiert wurden, im Depot unberührt. Auch Verbindlichkeiten gegenüber Beschäftigten der abzuwickelnden Bank sind vom „Bail-in“ nicht erfasst.
Welche Risiken kann eine Bankenabwicklung für den Bankkunden mit sich bringen?
Wenn die Abwicklungsbehörde die Anwendung des Bail-in-Instruments anordnet, kann dies für Anleger zum Teilverlust (Verlust des Kaufpreises zuzüglich sonstiger mit dem Kauf verbundener Kosten) oder im äußersten Fall zum Totalverlust des investierten Kapitals führen.
Darüber hinaus bestehen folgende „Bail-in“-spezifische Risiken:
- Kontrahenten-/Kreditrisiko:
Die Abwicklungsbehörden können Änderungen in den Grundbedingungen der betroffenen Finanzinstrumente und Forderungen vornehmen (z.B. kann der Fälligkeitszeitpunkt oder der Zinssatz zu Lasten des Gläubigers geändert werden, oder Zahlungs-, Lieferverbindlichkeiten und sonstige Gestaltungsrechte geändert oder vorübergehend ausgesetzt werden).
- Liquiditätsrisiko:
Da Finanzinstrumente sensibel auf Wertschwankungen der Märkte reagieren, kann bereits die bloße Möglichkeit, dass Abwicklungsmaßnahmen angeordnet werden könnten, zu dem Risiko führen, dass die betroffenen Finanzinstrumente und Forderungen nicht oder nur zu einem schlechteren Preis verkauft werden können. Auch bei bestehenden Rückkaufverpflichtungen der begebenden Bank kann es beim Verkauf solcher Finanzinstrumente zu einem erheblichen Abschlag kommen.
- Klumpen-/Konzentrationsrisiko:
Das Verlustrisiko erhöht sich, je mehr Finanzinstrumente und Forderungen der betroffenen Bank im Depot des einzelnen Anlegers vorhanden sind (im äußersten Fall bis zum Totalverlust).
Werden „Bail-in“-fähige Finanzinstrumente von Banken häufiger angeboten?
Jede Bank hat ein Interesse, eigene Finanzinstrumente zu emittieren und zu vertreiben bzw. Finanzinstrumente der Gruppe zu vertreiben. Dieses Interesse besteht insbesondere bei der Emission von Nachranganleihen, die aufgrund der möglichen Verlustbeteiligungspflicht des Nachranganleihen-Investors zu einer Erhöhung der Eigenkapitalquote der Bank führen kann. Das „Bail-in“ Risiko ist unter anderem ein Grund, dass die hiervon betroffenen Finanzinstrumente im Vergleich zu anderen Finanzinstrumenten höher verzinst sind.
Betreffen die „Bail-in“-Regelungen alle Banken?
Die BRRD wurde innerhalb der EU umgesetzt und kommt somit für sämtliche Banken in der EU zur Anwendung. Die jeweiligen einzelstaatlichen Umsetzungen und die damit einhergehenden Abwicklungsmodalitäten können sich jedoch im Detail unterscheiden. In Ländern außerhalb der EU können Abwicklungsverfahren abweichend von der BRRD und im Ergebnis noch einschneidender ausgestaltet sein. Vor Ankauf eines Finanzinstruments informieren Sie sich bitte bei dem jeweiligen Emittenten.
Quellen und weiterführende Informationen
https://www.oenb.at/finanzmarkt/drei-saeulen-bankenunion/einheitlicher-abwicklungsmechanismus.html
https://www.fma.gv.at/abwicklung-allgemein/
Weiterführende Informationen können Sie auch von Ihrem Kundenbetreuer erhalten.